Probiotika gegen Halitosis?

Neue Metaanalyse bestätigt die Wirksamkeit probiotischer Bakterien gegen Mundgeruch.

Unter Halitosis leidet etwa ein Drittel aller Menschen. In
den meisten Fällen entsteht der Mundgeruch durch bakterielle Beläge auf den Zähnen, auf der Zunge, am Zahnfleisch oder zwischen
den Zähnen. Wenn diese Mikroorganismen Nahrungsreste und andere
organische Stoffe abbauen, produzieren sie stark riechende schwefelhaltige Verbindungen wie Schwefelwasserstoff (H2S), Methylmercaptan (CH3SH) und Dimethylsulfid (C2H6S). Mangelnde Mundhygiene, Parodontitis, schlechter Zahnersatz, Zahnfehlstellungen
oder Rauchen begünstigen dies. Nur bei zehn Prozent der Fälle sind
Magen-Darm-Erkrankungen, hormonelle Störungen, Allgemeinerkrankungen, Diäten und Fastenkuren schuld an dieser unangenehmen Symptomatik.
Halitosis wird mithilfe mechanischer Reinigung (Zahnsteinentfernung und Zungenschaber) und chemischer Therapie (Antibiotika,
Mundspülungen) behandelt. Die mechanische Therapie ist jedoch oft
unangenehm, selbst wenn sie vom Zahnarzt durchgeführt wird. Außerdem ist die chemische Therapie zwar in der Regel für kurze Zeit
wirksam, aber immer mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden,
darunter die Entstehung von Dysbakteriose und Verfärbungen auf
Zunge und Zähnen. Daher werden immer wieder neue Methoden mit
weniger Nebenwirkungen gesucht, um Mundgeruch zu bekämpfen.
Eine Metaanalyse, die das Team von Nengwen Huang von der
Universität Sichuan in China bis Februar 2021 in indizierten Datenbanken durchgeführt hat, gibt Aufschluss über den Einsatz von Probiotika bei der Behandlung von Halitosis. Eingeschlossen wurden
randomisierte kontrollierte Studien, die die Auswirkungen von Probiotika und Placebo auf primäre Ergebnisse (organoleptische [OLP]
Werte und Gehalt an flüchtigen Schwefelverbindungen [VSC]) und
sekundäre Ergebnisse (Zungenbelagwerte [TCS] und Plaqueindex [PI])
verglichen. Die Datenextraktion und die Bewertung der Qualität wurden unabhängig voneinander von zwei Gutachtern durchgeführt.

Den Ergebnissen dieser Untersuchung zufolge scheinen Probiotika (z. B. Lactobacillus salivarius, Lactobacillus reuteri, Streptococcus
salivarius und Weissella cibaria) Halitosis kurzfristig (≤ 4 Wochen) zu
lindern.
Insgesamt sind die Resultate vielversprechend genug, um diese
Behandlungsmöglichkeit gegen Mundgeruch weiter zu erforschen:
„Es sind noch mehr qualitativ hochwertige randomisierte klinische
Studien nötig, um die Ergebnisse zu verifizieren und die Wirksamkeit
von Probiotika gegen Halitosis zu belegen“, so das Forscherteam
um Nengwen Huang.

Karies bei Kindern

Zahnprävention von grosser Wichtigkeit.

Die Kariesprävention in den letzten 30 Jahren war erfolgreich, es liegen aber bei der Karieshäufigkeit im Kindes- und Jugendalter grosse sozioökonomische Unterschiede vor. Die Zahngesundheit hat in der Schweiz traditionell einen hohen Stellenwert. In Folge der gesamtschweizerischen Einführung der Zahnprävention im Kindesalter in den 1960er-Jahren nahm die Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen bis 2000 deutlich zu. Lag der durchschnittliche DMFT-Wert bei den 14-Jährigen 1964 noch bei 12,5, war es 2009 noch 1,31, was einer Reduktion von 90 Prozent entspricht (Steiner et al. 2010). Der DMFT-Wert gibt an, wie viele Zähne entweder kariös sind («decayed»), aufgrund von Karies fehlen («missing») oder bereits eine Füllung haben («filled»). Ein Wert unter 1,2 wird als sehr gut betrachtet. Die klassische Zahnprävention beinhaltet die frühe Sensibilisierung der Eltern kleiner

1 Kinder oder Vergabe von Kinderzahnbürsten, die Benutzung von fluoridhaltiger Zahnpasta sowie zahnärztliche Kindergarten- und \ Schulbesuche zur Förderung der Zahnhygiene. Die Schulbesuche werden in den allermeisten Gemeinden nach wie vor durchgeführt (Menghini 2009).

Risikofaktor niedriger Sozialstatus

Wenngleich sich ein tiefer DMFT-Wert gehalten hat, wurde ebenso wie in anderen europäischen Ländern eine Zunahme von Karies im Milchgebiss und im bleibenden Gebiss von Kindern beobachtet (Calvet et al. 2013; Krause et al. 2018). So hatten im Kanton Zürich 13 Prozent der Zweijährigen (Daten der Stadt Zürich, 2003), 45 Prozent der Fünfjährigen (Daten aus Winterthur 2001) und 36 bis 50 Prozent der Siebenjährigen (Gemeinden und Stadt Zürich 2005; 2006} ein kariöses Gebiss, in Basel-Land wiesen 2011 60 Prozent der 15- und 16-Jährigen Karies auf (Menghini & Steiner 2017; Waltimo 2012). Ähnlich liegt bei 11,4 Prozent der deutschen Dreijährigen ein Behandlungsbedarf vor und 2,3 Prozent hatten ein saniertes Gebiss (Krause et al. 2018). In Frankreich zeigten 2006 56 Prozent der 12-Jährigen keine Karies (Calvet et al. 2013). Niedrigerer Sozialstatus und Migrationshintergrund wurden sowohl im Ausland als auch in der Schweiz als Risikofaktoren identifiziert; Risikofaktoren bilden z.B. zuckerhaltige Ernährung oder DauerSchöppeln (Kraljevic, Filippi & Filippi 2017). Karies ist somit eine der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Die orale Gesundheit ist nicht nur für ein lebenslanges gesundes Gebiss relevant, sondern beeinträchtigt allgemein die Gesundheit in der Kindheit (Sheiham 2006) und wird in Zusammenhang mit der Entwicklung chronischer Erkrankungen im Lebensverlauf gebracht (Cotti et al. 2011). liIJ

Geldmangel in der Schweiz: Zahngesundheit gefährdet

Jeder Fünfte geht nicht zum Zahnarzt, weil das Geld fehlt.

Laut dem International Health Policy Survey 2020 verzichten 20,7 Prozent der Schweizer aus Kostengründen auf die Zahnarztbesuche. Für die Studie wurden 2’248 Personen aus der Schweiz befragt. Die Befragung fand per Web und Telefon statt. Es wurde eine repräsentative Stichprobe des Bundesamtes für Statistik verwendet. Für Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber ist das ein untragbarer Zustand. Mit einem Vorstoss verlangt die Zürcher Nationalrätin, dass die Kosten für notwendige zahnärztliche Behandlungen wie auch regelmässige Kontrollen und Dentalhygiene über Bundesmittel von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen werden. Für die FDP-Nationalrätin Regine Sauter ist eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen der falsche Ansatz. «Das hätte einen enormen Kostenschub und damit weitere Prämiensteigerungen zur Folge.» Schon heute sei es so, dass die Sozialhilfe die Kosten übernehme, wenn jemand erwiesenermassen eine Zahnbehandlung nicht zahlen könne. «Das Giesskannenprinzip macht keinen Sinn. Die Allgemeinheit sollte nicht für Leute aufkommen, die es gar nicht brauchen. Wenn die Krankenkasse alles übernimmt, besteht die Gefahr, dass es zu einer Ausweitung der Leistungen kommt.» Hendrik Meyer-Lückel, Direktor der Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin der Universität Bern, betont zwar, dass eine ausreichende Mundhygiene ein wichtiger Faktor für die Zahn- und Mundgesundheit sei. «Hierdurch werden die Lebensqualität und die Mundgesundheit gesteigert.» Er sagt aber auch: «Direkte Auswirkungen auf allgemeine Erkrankungen stehen eher nicht im Vordergrund.» Meyer-Lückel sieht deshalb keine Notwendigkeit, dass die Grundversicherung die Kosten für Zahnbehandlungen übernimmt.

Stress

Stress kann die Mundgesundheit beeinträchtigen

Stress kann bei jungen Frauen und Männern offenbar die Mundgesundheit beeinträchtigen. Und: Wer mit dem eigenen Körper unzufrieden war, hatte im Trend auch eine schlechtere Mundgesundheit.

In der aktuellen Online-Pilotstudie der Uni Ulm wurde an gesunden jungen Erwachsenen untersucht, ob selbstberichtete depressive Symptome, die Einstellung zum Essen und zum Körper, wie sie im Rahmen einer Essstörung vorkommen können, bereits mit Beeinträchtigungen der Mundgesundheit einhergehen – wenn noch keine psychische Erkrankung vorliegt.

Dazu füllten die insgesamt 162 Probanden online und anonym standardisierte Fragebögen aus zu erlebten, depressiven Symptomen, zum Essverhalten, zum Körperbewusstsein und zum allgemeinen Gesundheitsverhalten. Auch die Mundgesundheit wurde über einen standardisierten Fragebogen erhoben.

Abgefragt wurden verschiedene Beeinträchtigungen, beispielsweise zur Funktion von Mund und Zähnen, zu Schmerzen, zur Ästhetik und ob sich subjektiv wahrgenommene Probleme im Mund-, Zahn- und Kieferbereich auf die soziale Interaktion auswirken.

Im Ergebnis zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen Beeinträchtigungen in der Mundgesundheit, depressiven Symptomen, der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und bulimischem Essverhalten. Interessant daran ist den Forschern zufolge, dass psychophysiologische Stresssymptome eine wichtige Rolle zu spielen scheinen.

„Bislang liegt der Fokus beim Thema Mundgesundheit vor allem auf älteren Patientinnen und Patienten. In dieser Bevölkerungsgruppe ist der Zusammenhang zwischen Erkrankungen der Zähne und des Zahnfleisches mit mentalen und körperlichen Einschränkungen, wie Demenz oder Herzkreislauferkrankungen, bereits sehr gut erforscht“, berichtet Studienleiterin Prof. Cornelia Herbert, Leiterin der Abteilung Angewandte Emotions- und Motivationspsychologie an der Uni Ulm.

Probleme mit der Mundgesundheit gingen immer auch mit Befindlichkeitsstörungen einher

„Ein weiteres spannendes Ergebnis in der weiblichen Stichprobe war, dass Probleme mit der Mundgesundheit immer auch mit Befindlichkeitsstörungen, wie depressiven Symptomen oder Angst, einhergingen. Außerdem berichteten Personen, die mit dem eigenen Körper unzufrieden waren, im Trend auch von einer schlechteren Mundgesundheit“, resümiert Herbert.

Vor diesem Hintergrund spricht sie sich für eine bessere Aufklärung und Primärprävention der Mundgesundheit als wichtigen Aspekt von Gesundheit bei jungen Erwachsenen aus. Sie weist auch darauf hin, dass psychischer Stress Auswirkungen sowohl auf die psychische und körperliche Gesundheit als auch auf die Mundgesundheit haben kann.

Genauer untersucht werden sollen jetzt die Faktoren von oraler, psychischer und physischer Gesundheit. So sollen Kaufunktion, Bisskraft und Geschmackswahrnehmung getestet sowie die Anzahl an Mundbakterien bestimmt werden. Analysiert werden sollen zudem Herz- und Gehirnaktivität sowie das kognitive Leistungsniveau zusammen mit der Mundgesundheit und dem Stresserleben, um daraus psychologische Präventionsprogramme zu entwickeln.

Herbert, C., Oral health and mental health in healthy adults, a topic of primary prevention and health care, empirical results from two online studies. Curr Psychol (2023)
Quelle Studie: doi.org/10.1007/s12144-022-04121-8

Quelle Herausgeber: https://www.zm-online.de/news/detail/stress-kann-die-mundgesundheit-beeintraechtigen

Forscher: Bakterien im Mund können depressiv machen

Das Mikrobiom, besonders des Darms, ist zunehmend als wichtig für die Gesundheit und die Aktivität des Immunsystems bekannt. Auch Effekte auf die Psyche kennt man bereits. Das Mund-Mikrobiom kennt man hingegen vor allem wegen der Zahn- und Zahnfleischgesundheit. Eine Parodontose betrifft jedoch nicht nur Zahnfleisch und den Zahnhalteapparat, sondern kann auch Bakterien ermöglichen, über Schädigungen im Zahnfleisch in die Blutbahn und bei einer geschwächten Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn vorzudringen. Mittels entzündungsfördernder Botenstoffe kann Parodontose auch indirekt das zentrale Nervensystem beeinflussen. Wie sich das orale Mikrobiom auf die psychische Gesundheit auswirkt, ist jedoch bislang kaum untersucht worden. Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Mundmikrobiom und Ängsten oder Depression?

Die Autoren der vorliegenden Studien analysierten die Ergebnisse einer Genom-weiten Assoziationsstudie (GWAS) zum oralen Mikrobiom mit Blick auf polygenische Risikoscores von 285 Speichel-Mikrobiomen und 309 Mikrobiomen des Zungenrückens. Dabei wurden Daten von 2 984 Personen mit 2 017 Zungenrücken- und 1 915 Speichel-Proben betrachtet.

Für die Analyse selbstberichteter Ängste und Depressionen nutzten die Wissenschaftler Daten der großen UK Biobank-Kohorte, von der Gesundheitsdaten und biologische Proben (z. B. Speichel) gewonnen worden waren. Zu Ängsten konnten Ergebnisse der GAD-7-Befragung von 155 076 Teilnehmern und Angststatus-Daten von 138 709 Teilnehmern (27 898 Patienten, 110 811 Kontrollen) analysiert werden. Zur Depression wurden PHQ-9-Befragungen von 154 360 Teilnehmern und selbst-berichtete Depressionen von 157 459 Teilnehmern (76 672 Patienten, 80 787 Kontrollen) betrachtet.

Vergleich von Genom-weiter Assoziationsstudie mit Patientendaten

Die Wissenschaftler konnten signifikante Interaktionen zwischen Speichel- und Zungenrücken-Mikrobiomen und Ängsten bzw. Depression erkennen. Dabei erwiesen sich folgende Bakterien als relevant sowohl für Ängste als auch Depression:

  • Centipeda periodontii
  • Granulicatella
  • Eggerthia (in zwei unterschiedlichen Datenbanken identifiziert)

Elemente des Mund-Mikrobioms wurden zudem nach dieser Analyse als mögliche Auslöser der psychischen Symptome gewertet.

Bakterien im Mund an der Entstehung von Depression und Ängsten beteiligt

Die Studie untersuchte systematisch den Zusammenhang zwischen Bakterien des Mund-Mikrobioms und Ängsten oder Depressionen. Auf der Basis mehrerer Datenbanken konnten Bakterien im Mund als wahrscheinlich an der Entwicklung von psychischen Erkrankungen beteiligt gefunden werden. Die genauen Mechanismen solcher Krankheitsverläufe und mögliche Wege zur Vorbeugung, beispielsweise zahnmedizinische Mittel (Parodontose-Prophylaxe), Mundhygiene und Ernährungs-Strategien, um bestimmten Bakterien die Nährstoffe im Mund zu entziehen oder gezielt zu bieten, müssen nun weiter untersucht werden.

Quelle: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom