Anfärben

Teenager – Herausforderung oder Bereicherung im Praxisalltag?

Eine Selbstreflexion von uns…

Wie können wir im Teenageralter ein gutes und professionelles präventives Konzept durchführen, indem nicht nur Frustration und Misserfolge, sondern Erfolge und Motivation auf beiden Seiten zu erreichen sind? Diese Patientenklasse findet oft zu wenig Beachtung. Im nachfolgenden Beitrag wird der Fokus speziell auf den Umgang und die Mundhygienemotivation bei Jugendlichen gelegt.

Entwicklung vom Kind zum Jugendlichen

Sind wir nicht alle immer wieder erstaunt, wie schnell (Klein-)Kinder erwachsen und älter werden? Haben wir sie gerade noch im Kita- und Grundschulalter betreut und in der häuslichen Mundhygiene angeleitet, sind sie auch schon im Teenageralter und in der Pubertät. Aus Kindern werden kleine/große Erwachsene, die ihre eigene Persönlichkeit suchen und entwickeln. Einst fröhliche und ausgeglichene Kinder sind nun zurückhaltend, stur und in sich gekehrt. Das Thema Mundhygiene spielt bei einigen Jugendlichen eine große, oftmals schon übertriebene Rolle und bei anderen gar keine. Kein Alter ist so „kompliziert“ beim Heranwachsen und so herausfordernd wie das pubertäre. Diese Herausforderung sensibel und individuell anzunehmen sowie die Bedürfnisse individuell zu erkennen, ist unsere Aufgabe, wenn wir authentisch und professionell in dieser Altersgruppe Individualprophylaxe in der Praxis betreiben wollen.

Kommunikation nonverbal und verbal

Wir sollten nicht den „schlechtesten“ Tag oder eine negative Einstellung zuunseren jugendlichen Patienten haben und dies ggf. auch über unseren Gesichtsausdruck zeigen. Gerade in der Pubertät sind die Jugendlichen emotional sehr empfänglich für solche Botschaften. Negative, wie ein Kopfschütteln oder verbale „Zurechtweisungen“, z. B., dass die Mundhygiene schlecht ist und auf jeden Fall verbessert werden muss, bewirken in der Regel nur, dass der Patient den Kopf wegdreht und gar nicht weiter zuhört. Für alle Beteiligten sind Negativbotschaften nur kräftezehrend und demotivierend. Eine freundliche Stimmlage und entspannte Gesichtszüge, nicht vorwurfsvoll, sondern motivierend, bringen weit mehr für eine erfolgreiche Zusammenarbeit in dieser Zeit als Kritik und Belehrungen.

Motivation und Zusammenarbeit

Das Einhalten der Prophylaxe- und Vorsorgetermine ist schon immer als Gewinn der Zusammenarbeit mit den Teenagern zu sehen. Die Patienten können aber jeden Termin absagen oder nicht erscheinen. Das kann natürlich immer passieren und die Compliance verläuft eher schlecht. Es sollte jedoch die Ausnahme bleiben, und dazu kann ein sensibler, ggf. freundschaftlicher oder kumpelhafter Umgang mit den Teenagern viel beitragen. Je besser das Vertrauen in den vorangegangenen Jahren aufgebaut wurde, umso leichter fällt beiden Seiten oftmals der Umgang miteinander in der Pubertät. Patienten, die in diesem Alter als Neupatient kommen, erfahren durch eine aufgeschlossene Kommunikation von Anfang an, dass man mit ihnen zusammenarbeiten möchte und nicht gegen sie arbeitet. Der erste Kontakt und Eindruck, den die jugendlichen Patienten wahrnehmen, ist entscheidend für die weitere Zusammenarbeit.

Lob und Anerkennung

Wie alle Patienten, so hören uns die Teenager viel besser zu, wenn wir ihnen zugewandt und mit dem nötigen Respekt und Abstand Lob und Anerkennung für das Erscheinen aussprechen. Eine kurze Erläuterung des Behandlungsablaufs gibt ihnen Sicherheit und das Gefühl, wahrgenommen zu werden. Wir sollten Patienten in dieser Altersgruppe nicht mit häuslichen Mundhygienehilfsmitteln und Instruktionen über-, aber auch nicht unterfordern. Herauszufinden, wie das optimale Instruieren sein sollte, ist die tägliche Herausforderung in allen Altersgruppen. Je besser wir uns auf unsere Patienten einlassen können und ihnen zuhören, umso mehr erfahren wir über ihre Motivation, was sie z. B. in der häuslichen Mundhygiene umsetzen können und wollen. Das ist der Schlüssel für eine gute Zusammenarbeit.

Mundhygieneinstruktion und Compliance

Sensibel müssen wir nach Befunderhebung des Plaque-Indizes herausfinden, wozu der Patient jetzt gerade bereit ist, um etwas für seine häusliche Mundhygiene zu tun. Das Einfärben der Plaque ist Grundlage für die Erhebung des Plaque-Indizes in jeder Sitzung, das Zeigen der eingefärbten Stellen jedoch nicht. Versetzen wir uns in das Alter und die Lage der pubertären Jugendlichen: Sie fühlen sich oft bloßgestellt und eingeschüchtert. Es könnte für lange Zeit der letzte Termin gewesen sein, zu dem sie erscheinen. Um solche Situationen zu vermeiden, hilft es, Patienten zu fragen, ob sie sich den Befund im Spiegel mit ansehen möchten. Dass die Entscheidung bei den Patienten liegt, zeigt ihnen, dass man mit ihnen zusammenarbeiten möchte. Genauso kann bei der Besprechung der häuslichen Mundhygienehilfsmittel verfahren werden. Ehrlichkeit, was der Patient wirklich zu Hause umsetzt und/oder umsetzen kann, ist zu diesem Zeitpunkt das beste Fundament für eine gute Zusammenarbeit. So können in dieser Zeit auch Kompromisse und kleine „Verträge“ eingegangen werden. Wird die Putztechnik gut instruiert und eine fluoridhaltige (ca. 1.500 ppm) Zahnpasta empfohlen, so kann man manchmal den Kompromiss eingehen, dass die Zwischenraumreinigung nur ein- bis zweimal wöchentlich durchgeführt werden kann und der nächste Termin, statt nach einem halben Jahr, bereits in drei Monatenansteht (s. Abschnitt Abrechnung). Wenn wir in den Augen der Jugendlichen in diesem Moment als cool erscheinen, können wir davon ausgehen, dass sie sich eher an diese Vereinbarung halten, als wenn nur Verbote und zu viele Instruktionen vermittelt werden.Die Auswahl der Hilfsmittel besteht in der Regel aus einer Zahnbürste, je nach Motorik (manuell/elektrisch/Schall), einer fluoridhaltigen Zahnpasta und je nach Zwischenraumgröße aus Zahnseide/Flossette (z. B. GUM [Sunstar]), Picks [TePe]) oder Zwischenraumbürstchen. Auch hier ist nachzufragen, womit der Patient gerne reinigen möchte und womit er zurechtkommt. Erweitert werden können die Mundhygienehilfsmittel mit einem Zungenreiniger, ggf. bei festsitzender KFO mit einer fluoridhaltigen Spüllösung oder dem einmal wöchentlichen Einbürsten eines Gelees.

Fazit

Das Teenageralter ist ein spannendes, herausforderndes und cooles Alter, indem die Weichen für eine gute lang anhaltende präventive Zusammenarbeit gelegt werden können. Ziel der Arbeit mit Patienten gerade in diesem Alter sollte es sein, ihnen zuzuhören, um auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. So sollten wir sensibel herausfinden, wozu sie im Teenageralter bereit sind und wozu nicht. Wir sollten Kompromisse schließen können und den Patienten freundlich und respektvoll verbal und nonverbal gegenübertreten. Ein freundliches Lächeln und Interesse z. B. für ihre Hobbys und Anliegen sind die Grundlage für eine erfolgreiche, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Lob und Anerkennung sind außerdem wichtige Pfeiler – in jedem Alter. Eines ist gewiss: Die Pubertät ist temporär und sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei einigen Patienten dauert sie länger, bei anderen ist sie kaum merkbar und schneller vorüber. Gerade diese Herausforderung, jeden Patienten als Individuum und in verschiedenen Altersstufen kennenzulernen und zu begleiten, macht unseren Praxisalltag spannend und im positiven Sinn herausfordernd.

Quelle: https://epaper.zwp-online.info/epaper/sim/prj/2022/prj0522/#10

Diese 5 Übungen helfen bei Kiefergelenksbeschwerden

Wenn Patienten akute Beschwerden im craniomandibulären Bereich haben, können sie sich mit diesen fünf Übungen schnell selbst Linderung verschaffen.

Die Kieferdehnung ist eine von fünf Übungen, die Patienten mit akuten CMD-Beschwerden zur Schmerzlinderung selbst durchführen können. Haleon in Zusammenarbeit mit Dr. Horst Kares

Craniomandibuläre Dysfunktionen sind weit verbreitet und können eine Vielzahl von Symptomen aufweisen. Dabei sind Aufklärung, Bewegung und Kiefergymnastik essenzieller Bestandteil einer erfolgreichen Therapie. Auf der diesjährigen Haleon-Herbstakademie „Zähne zusammenbeißen und durch – Bruxismus und seine Folgen“ klärte Dr. Horst Kares aus Saarbrücke in seinem Webinar über den Zusammenhang zwischen CMD und Stress auf. Fünf Übungen empfahl er zur Selbsthilfe.

Mit fünf einfachen Kieferübungen gegen den Schmerz

Diese fünf Übungen können zur Entspannung der Mund-, Kiefer- und Gesichtsmuskulatur durchgeführt oder von Patienten vor längeren Zahnarztterminen angewendet werden, um Schmerzen bei der Behandlung zu reduzieren und vorzubeugen:

1. Kiefer mit der Zungenspitze am Gaumen öffnen: Die Zungenspitze möglichst weit hinten an den Gaumen führen und dabei fünf Mal den Kiefer weit öffnen und schließen.
2. Unterkiefer gegen Druck nach rechts: Den rechten Handballen an die rechte Seite des Unterkiefers legen und fünf Mal gegen den Druck der Handballens nach rechts bewegen.
3. Unterkiefer gegen Druck nach links: Die zweite Übung für die linke Seite wiederholen.
4. Kiefer gegen Druck öffnen: Die Faust unter das Kinn legen und Kiefer gegen den Widerstand der Faust fünf Mal öffnen.
5. Kieferdehnung: Mit der Daumenkuppe auf den Oberkieferschneidezähnen und der Zeigefingerkuppe auf den Unterkieferschneidezähnen fünf Mal Ober- und Unterkiefer voneinander aufdehnen.

Die Übungen sollten jeweils dreimal wiederholt werden.

Die Informationen und Materialien wurden von Haleon in Zusammenarbeit mit Dr. Horst Kares erstellt.

SO FACETTENREICH SIND DIE SYMPTOME EINER CMD

Kares schilderte auch, wie facettenreich die Symptome einer CMD sein können: Die Symptome können sich in schmerzhafter Form (sCMD) mit Myalgie, Arthralgie oder CMD-assoziierten Kopfschmerzen zeigen, oder als nicht schmerzhafte Ausprägung (nsCMD), wie mit Diskusverlagerung, Arthrose oder (Sub-)Luxation. Doch nicht in jedem Fall sind eine Okklusionsschiene oder ein Front-Jig die beste Behandlungsoption.

LautKares sind Aufklärung, Bewegung und Kiefergymnastik beziehungsweise Physiotherapie essenzieller Bestandteil einer langfristigen Therapie, die bereits nach kurzer Zeit zur Verbesserung des Schmerzempfindens beitragen kann. Der Fokus sollte im zahnärztlichen Beratungsgespräch auf Hilfe zur Selbsthilfe gelegt werden, denn bereits mit wenigen Entspannungsübungen können Patienten selbst zur Linderung ihrer Symptome beitragen.

Prophylaxe – ein Beitrag gegen Alzheimer und M. Parkinson

Parodontitis und neurodegenerative Erkrankungen

Entzündungen wie Gingivitis und Parodontitis sind in erster Linie die Folgen einer schwerwiegenden Destabilisierung des oralen Mikrobioms. Veränderungen in der Zusammensetzung der komplexen oralen Mikroflora und deren Interaktion mit den Geweben der Mundhöhle führen zu einer Veränderung des oralen Mikroklimas und damit zu einem Switch in Richtung erheblicher Pathogenität des Keimspektrums. Entstehung und Progression der chronischen Entzündungen von Mundschleimhaut und Zahnhalteapparat werden zusätzlich durch zahlreiche weitere exo- und endogene Faktoren getriggert.

Konsumierende Grunderkrankungen, Störungen des Stoffwechsels und der lokalen und systemischen Immunabwehr sowie Nebenwirkungen notwendiger Dauermedikationen beeinflussen in vielfältiger Weise das orale Milieu, welches seinerseits in hohem Ausmaß auf den Gesamtorganismus zurückwirkt. Durch Atmung und Nahrungsaufnahme stellt die Mundhöhle eine exponierte und offene Verbindung zwischen Umwelt und Körper dar. Bei nachhaltiger Störung des ökologischen Gleichgewichts wird die Biofilmbildung potenziell pathogener Keime begünstigt. Im Schutz einer extrazellulären Matrix finden diese in den Zahnfleischtaschen und an unregelmäßig konfigurierten Oberflächen wie rauem Zahnschmelz und der Zunge ideale Lebensbedingungen und geeignete ökologische Nischen vor. Gramnegative anaerobe und fakultativ anaerobe Keime sowie auch atypische Erreger wie Enterobakterien (Abb. 1) nehmen überhand und können mittels ihrer potenten Virulenzfaktoren inadäquate und überschießende Immunreaktionen auslösen, die sich letztlich gegen unsere körpereigenen Gewebe richten. Die massive Ausschüttung von entzündungsaktivierenden Gewebshormonen als Antwort auf den bakteriell verursachten oxidativen Stress bewirkt Schwellung, Rötung, Abbau von Bindegewebe und Aktivierung von Fresszellen, wie Osteoklasten, die den Alveolarknochen angreifen und zerstören.

Orale Entzündungen haben systemische Wirkung

Die Auswirkungen parodontaler Entzündungen sind aber keineswegs nur auf die Mundhöhle begrenzt. Vulnerables, blutendes Zahnfleisch ermöglicht vielen Keimen, in tiefere Gewebeschichten und in kleine Gefäße einzudringen. Es kommt zu einer Bakteriämie mit gleichzeitiger Einschwemmung von Entzündungsmediatoren in das periphere Blut und damit in den restlichen Körper (Abb. 2). Erkrankungen der Mundhöhle und des gesamten menschlichen Systems stehen deshalb fast immer in bidirektionaler Beziehung.

Die Interaktionen oraler Infektionen mit dem zentralen Nervensystem war in den letzten Jahren Gegenstand zahlreicher Studien.1,2 Die Erforschung und Abklärung der Risikofaktoren wie der Alzheimerkrankheit ist schon aufgrund ihrer Häufigkeit mit weltweit über 24 Millionen Betroffenen von großem gesellschaftlichem Interesse. Während nur ein kleiner Teil der Erkrankten genetische Risikofaktoren (derzeit sind drei Genmutationen bekannt) aufweist, werden beim weit häufigeren sporadischen Typ unterschiedliche Ursachen, wie Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen, Schadstoffbelastung und Übergewicht, diskutiert.

Neurodegeneration als Folge parodontaler Entzündung

Allerdings zeigen neue Untersuchungen einen hoch signifikanten Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Prozessen und dem damit verbundenen erhöhten Level an Entzündungsbotenstoffen.3,4 Beim Morbus Alzheimer (M. Alzheimer) werden Parenchymzellen im Gehirn, die sogenannte Mikroglia, aktiviert. Mikrogliazellen gehören zu den Makrophagen und sind somit eine Komponente der Immunabwehr. Typischerweise kommt es beim M. Alzheimer zur Bildung von Alzheimerfibrillen aus Tau-Protein und zur Ablagerung von Plaques aus extrazellulärem Amyloid, einem Komplex aus Eiweiß und Kohlenhydraten. Durch diese Faktoren wird die lokale Produktion von Entzündungsmediatoren wie Interleukinen, Tumornekrosefaktor (TNF-α) und C-reaktivem Protein (CRP) aktiviert, was rückkoppelnd wiederum die weitere Bildung von Amyloid und Alzheimerfibrillen induziert.5,6

Bei einer über Jahre hindurch bestehenden bakteriell verursachten Entzündung wie einer floriden Parodontitis (Abb. 3) werden ständig Entzündungsbotenstoffe in das Blut der betroffenen Patienten freigesetzt. Diese proinflammatorischen Moleküle werden darüber hinaus auch direkt entlang des Nervus trigeminus zum zentralen Nervensystem transportiert. Im Gehirn verstärken sie die bei der Alzheimerdemenz vorbestehende entzündliche Reaktion und führen zu einer massiven Progression der Erkrankung.7

Porphyromonas gingivalis – ein Schlüsselkeim der Alzheimerdemenz

Neben der hohen systemischen Entzündungsbereitschaft können auch parodontal pathogene Keime direkt Einfluss auf Entstehung und Fortschreiten der Alzheimerdemenz nehmen.8 Bei Parodontitis mit entsprechender Keimbelastung kommt es laufend zu zumindest passageren Bakteriämien. Durch die Entzündung im ZNS wird die Blut-Hirn-Schranke für diese Keime passierbar. Bei Untersuchungen der Gehirne verstorbener Alzheimerpatienten konnten mittels PCR-Analyse mehrere typische Parodontalkeime identifiziert werden.9,10 Unter anderem waren Porphyromonas gingivalis (P. gingivalis), Treponema denticolaFusobacterium nucleatum und Aggregatibacter actinomycetemcomitans nachweisbar. P. gingivalis, der, im Hinblick auf Neurodegeneration, wohl bestuntersuchte orale Keim, verfügt über eine Reihe potenter Virulenzfaktoren, u. a. über sogenannte Gingipaine. Dies sind eiweißabbauende Enzyme, welche direkt die Synthese von Komponenten der Alzheimerfibrillen fördern. Durch Hemmung der Vermehrung von P. gingivalis konnten im Tierversuch neurodegenerative Prozesse stark reduziert bzw. verlangsamt werden.

Xerostomie – autonome Manifestation des Morbus Parkinson

In ähnlicher Weise wie bei der Alzheimerkrankheit spielen auch beim Morbus Parkinson (MP) chronisch entzündliche Parodontalerkrankungen eine wichtige Rolle.11 Beim MP kommt es durch eine Degeneration der Nervenzellen zu den typischen Symptomen, wie Mobilitätsstörungen (Muskelzittern, Instabilität der Körperhaltung, Hypokinesie bis zur Bewegungsunfähigkeit und Muskelstarre), Depression, Müdigkeit, Apathie und kognitiven Einschränkungen. Betroffen sind die Zellen der „schwarzen Substanz“ im Gehirn, welche Dopamin produzieren. Durch die zu geringe Produktion dieses Neurotransmitters werden die Basalganglien im Großhirn nicht ausreichend stimuliert und es kommt zu den typischen Beeinträchtigungen der Bewegungsabläufe. Die negativen Auswirkungen der Parkinsonkrankheit auf die Mundgesundheit sind zum Teil auf diese Einschränkungen zurückzuführen.12 Die mangelnde Feinmotorik erschwert eine effektive Zahnreinigung und durch die zusätzlichen psychischen Symptome ist häufig auch der Antrieb gestört. Viele Parkinsonpatienten leiden an ausgeprägter Xerostomie mit massivem Brennen der Mundschleimhaut (Burning-Mouth-Syndrome, Abb. 4). Durch motorische Schluckstörungen und mangelnden Lippenschluss kommt es besonders in der Nacht zu unkontrolliertem Speichelaustritt aus dem Mund. Gleichzeitig wird aber als autonome Manifestation der Krankheit insgesamt zu wenig Speichel gebildet. Der niedrige Dopaminspiegel ist mit der Mundtrockenheit unmittelbar korreliert. Verstärkt wird die Hyposalivation durch Medikamente wie Antidepressiva und Anticholinergika, welche gegen die häufigen Komorbiditäten der Parkinsonkrankheit eingesetzt werden. Wenig Speichel bedeutet aber mangelnde Pufferwirkung mit Veränderungen des intraoralen pH-Werts und Mangel an immunologisch wirksamen Speichelinhaltsstoffen. Die Folgen sind vermehrte Karies und eine Verschiebung innerhalb des oralen Keimspektrums in Richtung einer parodontalpathogenen Plaque (Abb. 5).13,14

Oxidativer Stress zerstört dopaminbildende Nervenzellen

Die Komposition des oralen Mikrobioms eines Parkinsonpatienten unterscheidet sich deutlich von jener bei neurologisch gesunden. Ähnlich wie auch bei der Alzheimerkrankheit werden durch die Virulenzfaktoren der gramnegativen anaeroben Bakterien die Entzündungsmediatoren hochreguliert (Abb. 6).15 Die Lipopolysaccharide in den Zellwänden dieser Keime führen zu einem Zusammenbruch der Blut-Hirn-Schranke. Es werden reaktive Sauerstoffradikale (ROS) gebildet, welche dann die dopaminergen Neurone angreifen und zerstören. Vorbestehende Parkinsonerkrankungen nehmen dadurch einen rascheren und fulminanteren Verlauf. Personen mit manifester, unbehandelter Parodontitis haben neuen Forschungen zu Folge ein 1,5-fach erhöhtes Risiko, an M. Parkinson zu erkranken.Patienten mit neurodegenerativen Krankheiten bedürfen intensiver und individuell angepasster zahnmedizinischer Prophylaxe und Behandlung. Nicht selten wird bei den betroffenen Personen sowohl von Angehörigen als auch in Pflegeeinrichtungen die Mundgesundheit stark vernachlässigt.16,17 Einschränkungen der Kaufunktion bedeuten aber eine weitere Minderung der Lebensqualität der Patienten. Durch die Muskelrigidität ist bei Parkinsonkranken die Kiefer- und Zungenbeweglichkeit eingeschränkt. Weiche und damit meist auch kohlenhydratreiche Nahrung wird der Einfachheit halber bevorzugt. Dies fördert aber die Selektion einer kariogenen Mikroflora. Ernährungsberatung und an die körperliche und kognitive Verfassung der Erkrankten angepasste Unterweisungen in Techniken der Zahnreinigung sollten sowohl den Patienten als auch den Pflegenden vermittelt werden. Regelmäßige professionelle Mundhygiene verhindert die Plaqueakkumulation und damit die Entstehung von oralen Entzündungen und Karies.

Literaturliste

Der Beitrag ist im Prophylaxe Journal erschienen.

Quelle des Beitrags: https://www.zwp-online.info/fachgebiete/prophylaxe/parodontologie/prophylaxe-ein-beitrag-gegen-alzheimerdemenz-und-m-parkinson

Parodontitis und Autoimmunerkrankungen

Hat Parodontitis eine autoimmune Komponente?

Parodontale Entzündungen werden durch eine Destabilisierung des oralen Mikrobioms mit Überhandnehmen aggressiver, meist anaerober oder fakultativ anaerober Keime und einer daraus resultierenden inadäquaten Immunreaktion ausgelöst und aufrechterhalten.1 Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Zusammenhänge von Parodontitis und autoimmunen Krankheiten.

Die spezifischen und unspezifischen Abwehrmechanismen der lokalen Gewebe führen, getriggert durch Virulenzfaktoren und toxische Stoffwechselprodukte der Keime, zu einer überschießenden Freisetzung proinflammatorischer Enzyme sowie zur Aktivierung und Migration von Leukozyten aus den gingivalen Gefäßen (Abb. 1). Diese eigentlich zur Eliminierung oder zumindest zur Reduktion der pathogenen Bakterien rekrutierten Abwehrzellen richten sich aber bei gestörtem biologischen Gleichgewicht zwischen Mikrobiom und Wirtsgewebe auch gegen körpereigene Strukturen.2 Häufig verselbstständigt sich das Entzündungsgeschehen trotz guter Plaquekontrolle und die Destruktion von Weichgewebe und Knochen schreitet voran.

 Orale Läsionen – Erstmanifestationen vieler Autoimmunerkrankungen

Sowohl lokale gewebespezifische als auch systemische Autoimmunität ist die Folge eines Fehlers der Immunabwehr mit Verlust der Selbsttoleranz. Derart fehlgeleitete Prozesse sind das Resultat einer Kombination aus angeborener genetischer Disposition und exogenen Noxen, zu welchen in nicht unerheblicher Weise chronische Infektionen zählen. Die Genese einer Autoimmunisierung verläuft über die Aktivierung der B-Lymphozyten und ihrer Produkte.3 Es kommt zu einer alterierten T-Zellfunktion und vermehrter Bildung von Autoantikörpern, die entweder gewebespezifisch wie bei Diabetes mellitus Typ 1 oder systemisch wie beim Lupus erythematodes gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Zahlreiche Autoimmunerkrankungen, wie rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Morbus Crohn, Sklerodermie, Pemphigoid (Abb. 2) und Pemphigus vulgaris, zeigen chronisch-entzündliche Verläufe und gehen mit oralen Läsionen, wie desquamativer Gingivitis und schwerer Parodontitis, einher.4,5 Beim systemischen Lupus (Abb. 3) entstehen bereits in der Frühphase der Erkrankung typische diskoide, asymmetrisch angeordnete Läsionen auf dem harten Gaumen und der Wangenschleimhaut. Bei mehr als 50 Prozent der Erkrankten kommt es zu persistierenden Petechien, diffusen Erythemen, Krusten- und Blasenbildungen auf der Mukosa und den Lippen sowie zu Osteonekrosen des Kieferknochens.6

Bakterielle Enzyme verändern das Immunprofil des Wirtsorganismus

Jede chronische Infektion führt zu einer andauernden Überstimulation der Abwehr. Auf diese Weise wird ein permanenter lokaler, in vielen Fällen auch systemischer immunologischer Respons ausgelöst. Es ist daher naheliegend, dass chronisch verlaufende bakterielle, fungale und virale Infektionen, zu denen auch die Parodontitis zählt, durch fehlgerichtete Reaktionen zu exogenen Triggern für Autoimmunerkrankungen werden. Die Möglichkeit einer autoimmunen Komponente bei Genese und Progression parodontaler Erkrankungen wurde bereits 1965 von Brandtzaeg und Kraus diskutiert.7 Neue Studien bestätigen diese Annahme und gehen von einem Zusammenspiel unterschiedlicher Komponenten aus. Sowohl bei chronischer als auch bei aggressiver Parodontitis werden Autoantikörper gegen Typ 1-Kollagen und gegen die doppelsträngige DNA der Wirtszellen gebildet. Kollagen ist ein wichtiges Struktureiweiß des Binde- und Knochengewebes. Seine Zerstörung hat entsprechend fatale Folgen für Gingiva und Parodontium.8 Verursacher dieser destruktiven Vorgänge sind die entzündungsfördernden Lipopolysaccharide der gramnegativen Keime im Sulkus, was den Zusammenhang zwischen Infektion und Autoimmunität bestätigt.9 Als Reaktion auf parodontalpathogene Keime treten vermehrt antineutrophile Antikörper (ANCA) auf.10,11 Die Ursache liegt in einer durch die parodontale Entzündung hervorgerufenen Verschiebung der Anteile innerhalb der Lymphozytenpopulation zugunsten von B-Zellen. Dadurch werden die T-Helferzellen drastisch reduziert und die T-Suppressoraktivität gefördert. Das führt zu einer polyklonalen Expansion eines B-Zellpools, der auch im gesunden entzündungsfreien Zustand in geringer Menge autoreaktive Antikörper (natural antibodies) produziert, die der Regulation von Vorgängen beim natürlichen Zelltod dienen. Im Übermaß führt dieser Prozess zum Angriff auf die körpereigenen Gewebe.

Parodontale Leitkeime als Trigger der Autoimmunität

Porphyromonas gingivalis (P. g.), ein typischer Leitkeim der aggressiven Parodontitis, spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Entstehung von Autoantikörpern. Der Keim ist ein direktes Bindeglied zwischen rheumatoider Arthritis und parodontalen Erkrankungen. 80 Prozent der Rheumapatienten leiden auch an schwerer Parodontitis. Antikörper gegen P. gingivalis finden sich nicht nur im Sulkus, sondern auch in der Synovialflüssigkeit der vom Rheuma betroffenen Gelenke.12 Das Bakterium kann an beiden Lokalisationen über bestimmte Enzyme Autoantikörper gegen citrullinierte Proteine (APCAs) bilden, die typisch für rheumatische Erkrankungen sind und auch die Gewebe des Zahnhalteapparats angreifen.Bei Parodontitis werden als Antwort auf die meist anaerob-bakteriellen Reize reaktive Sauerstoffverbindungen (ROS) freigesetzt. Letztere binden an Proteine und Lipide des Wirts und verändern dadurch deren Strukturen und Epitope. Diese Neoepitope werden dann von der Immunabwehr als „fremd“ eingestuft und angegriffen. Zudem besteht die Gefahr eines sogenannten „Epitop spreadings“, das heißt, einer Übertragung der Strukturveränderungen auf andere Proteine – ein Mechanismus, der von der autoimmunen HashimotoThyreoiditis bekannt ist (Abb. 4).13

P. gingivalis und Aggregatibacter actinomycetemcomitans alterieren bestimmte T-Helferzellpopulationen im parodontalen Gewebe und bewirken eine massive Freisetzung segmentkerniger Granulozyten aus den gingivalen Gefäßen.14 Die Neutrophilen induzieren eine Zytokinkaskade mit hohen Leveln an Interleukin-17. Letzteres steht in engem Zusammenhang mit einem autoimmunen Immunrespons. Die neutrophilen Granulozyten haben zudem die Fähigkeit zur Generierung sogenannter „traps“ aus mitochondrialer und/oder nukleärer Desoxyribonukleinsäure (NETs), welche in die extrazellulären Räume freigesetzt werden. Diese Fragmente von Erbsubstanz sind mit antimikrobiellen Peptiden beladen, die aber nicht nur die Bakterien angreifen, sondern auch zu autoimmunen Reaktionen führen können, da sie im entzündungsfreien Zustand nicht extrazellulär vorliegen.

Molekularer Mimikry täuscht das Immunsystem

Produkte von parodontalpathogenen Bakterien können sogar direkt zur Auslösung autoimmuner Reaktionen führen. So bilden viele Anaerobier auf bestimmte Stressfaktoren, wie Temperaturerhöhung, pH-Wertänderungen, Stoffwechselgifte oder Alkohol, sogenannte Hitzeschockproteine zur Stabilisierung und zum Schutz der zelleigenen Eiweiße vor Denaturierung. Hitzeschockproteine werden aber auch von den Wirtszellen gebildet und haben in den körpereigenen Geweben wichtige Funktionen für die Faltung der Eiweiße und für den Abbau toxischer Proteine. Durch molekularen Mimikry ähneln die Eiweiße der Bakterien jenen des Wirtsorganismus und führen so zu einer Kreuzreaktivität.15–17

Bei vielen Formen der Autoimmunität spielen genetische Faktoren eine wichtige Rolle.18 Eine Reihe von Autoimmunerkrankungen sind mit unterschiedlichen Spezifitäten des HLA-Systems (human leukocyte antigen-system) korreliert. Humane Leukozytenantigene sind zellmembranständige Glykoproteine, welche für die Unterscheidung von körpereigen und fremd verantwortlich sind und damit unsere Gewebe vor der Zerstörung durch die eigene Immunabwehr schützen. Bei der autoimmunen Dünndarmerkrankung Zöliakie (glutensensitive Enteropathie) ist dieser Mechanismus gestört und es werden vermehrt Gewebeantigene exprimiert, die modifiziertes Gluteneiweiß an die T-Helferzellen präsentieren. Die darauffolgende inadäquate Immunreaktion führt zu einer massiven Ausschüttung von Entzündungsmediatoren mit fatalen Folgen für die Darmschleimhaut. Ganz ähnlich bestehen auch für die aggressive juvenile Parodontitis enge Verbindungen zu bestimmten HLA-Typen (z. B. HLA-A8–A9 und HLA-A27), die überschießende selbstdestruktive Abwehrreaktionen schon bei geringen mikrobiellen Reizen auslösen können (Abb. 4).19,20

Der Haupt-Gewebeverträglichkeitskomplex (MHC, Major Histocompatibility Complex) codiert für Moleküle, welche für die Erkennung von körpereigenen Strukturen verantwortlich sind. MHC II befindet sich an der Oberfläche bestimmter Immunzellen und auch an den basalen Saumepithelien des gingivalen Sulkus. Dort werden aber die von pathogenen Keimen zerstörten und veränderten Gewebekomponenten des Zahnfleischs präsentiert und damit der Prozess der Autoimmunität vorangetrieben.

Fazit

Die Rolle des Immunsystems in Wechselwirkung mit dem oralen Mikrobiom und die Auslöser autoimmuner Reaktionen bei der chronischen Parodontitis sind zentrale Fragestellungen in der interdisziplinären Erforschung der Krankheit. Die zu erwartenden Ergebnisse könnten zukunftsweisende Ansätze zur Diagnose und Therapie der Parodontitis ermöglichen.

Eine Lieraturliste steht hier zum Download für Sie zur Verfügung.

Dieser Beitrag ist im Prophylaxe Journal erschienen.

Zahnmedizinische Hypnose: damit Patienten sich wohlfühlen

Wir in Rafz bieten Patienten Hypnose an, und es wirkt. Rufen Sie uns an: 044 869 07 44

Ein Kind mit Zahnarztangst wird ohne Lachgassedierung behandelt; ein Angst­patient, der vor dem Dentalhygienetermin wieder ruhig schlafen kann: Das ist möglich mit zahnmedizinischer Hypnose. Eine Zahnärztin und ein Zahnarzt erklären wie.

Beim Stichwort Hypnose haben viele das Bild eines Bühnenkünstlers im Kopf, der aus Menschen willenlose Marionetten macht und sie dem Spott des Publikums preisgibt. «Solch verstörende Bilder haben absolut nichts mit der medizinischen und der zahnmedizinischen Hypnosetherapie zu tun», sagt Riccardo Colombo vehement. Er ist Leiter der SMSHdent, der Fachgruppe für Zahnmedizin innerhalb der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Hypnose (Box). In seiner Privatpraxis in der Nähe von Lugano bietet er Hypnosebehandlungen an, etwa für Menschen mit Spritzen- oder Zahnarztangst. Die Patientinnen und Patienten sind dabei in einem Zustand maximaler Entspannung bei gleichzeitig erhöhter Aufmerksamkeit nach innen. Dadurch bleiben sie während der Behandlung entspannt und in einem emotional angenehmen Zustand.

Bei der klassischen Hypnose bespricht Riccardo Colombo vorab mit dem Patienten, welche Ziele dieser erreichen möchte und welche Ressourcen dafür genutzt werden könnten. Danach führt er ihn in eine Trance. «Dies ist ein spezieller Bewusstseinszustand, bei dem der Mensch besonders fokussiert auf sein inneres Erleben und gleichzeitig erhöht empfänglich für Suggestionen ist», erklärt Riccardo Colombo. «Meine Rolle ist dabei vergleichbar mit jener eines Bergführers: Ich sorge dafür, dass der Patient sein Ziel sicher erreicht.»

Die Aufmerksamkeit des Patienten lenken

Diese klassische Form der Hypnose kommt jedoch nur bei einem kleinen Teil der Patientinnen und Patienten zum Einsatz. Weitaus häufiger nutzen Zahnärztinnen und Zahnärzte die sogenannte hypnotische Kommunikation, die sich unter anderem durch hilfreiche Suggestionen auszeichnet. Wie das funktioniert, erklärt Eva von Aster, die als Zahnärztin an den Schulzahnkliniken der Stadt Zürich arbeitet: «Wir nutzen die Vorstellungskraft, um eine Reaktion des Körpers hervorzurufen. Stellen Sie sich vor, Sie beissen in eine aufgeschnittene Zitrone. Bei den meisten Menschen setzt diese Vorstellung den Speichelfluss in Gang, löst also einen realen physiologischen Prozess aus.»

In der Schulzahnklinik nutzt Eva von ­Aster die Vorstellungskraft häufig bei der Behandlung von ängstlichen und nervösen Kindern. Zunächst lotet sie spielerisch aus, wo die individuellen Ressourcen des Kindes liegen, was ihm Spass macht und was das Kind besonders fasziniert. Hierfür lassen sich bei Bedarf verschiedene Objekte nutzen: Glitzerstäbe, Finger- und Handpuppen oder auch ein vom Kind selbst mitgebrachtes Kuscheltier. „Das passiert ganz natürlich. Manche Kinder brauchen etwas länger, bis sie auf dem Behandlungsstuhl sitzen. Diese Zeit gebe ich ihnen. » Dann übernimmt die Zahnärztin die Führung (in der Fachsprache wird dies Pacing und Leading genannt). Sie lenkt die Aufmerksamkeit des Kindes auf eine angenehme Situation, gleichzeitig wird die zahnärztliche Behandlung durchgeführt. «Jeder Mensch, jedes Kind hat solche Ressourcen, und wir helfen den Patienten dabei, diese zu nutzen, in einer aus ihrer Sicht unangenehmen Situation – beim Zahnarzt.»

Eine entspannte Atmosphäre schaffen

Die hypnotische Kommunikation hat noch weitere Facetten: Jedes Bild, das im Gehirn eines Menschen hervorgerufen wird, erzeugt eine Wirkung. Dieser Umstand lässt sich nutzen, damit der Patient oder die Patientin sich wohlfühlt. Riccardo Colombo erklärt: „Wir vermeiden zum Beispiel bestimmte Wörter oder Wendungen aus der Alltagssprache, die negative Assoziationen wecken; wir pflegen einen respektvollen und empathischen Umgang, nicht nur mit unseren Patienten, sondern auch mit dem Praxisteam; wir achten auf unsere Körpersprache und darauf, wie wir uns im Raum bewegen oder welche Gerüche und Geräusche in der Praxis wahrnehmbar sind. Kurz: Wir unterlassen alles, was Angst oder Widerstände aufbauen könnte. Die gesamte Praxisumgebung ist darauf ausgerichtet, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. » Dazu gehört auch die eigene Einstellung der Zahnärztin oder des Zahnarztes: „Wie kann ich einen Patienten beruhigen, wenn ich selbst angespannt und ­gestresst bin? Das wird sehr schwierig, ja unmöglich. Deshalb ist es wichtig, die eigene Einstellung von Zeit zu Zeit zu überprüfen. »

Hirnscans zeigen veränderte Aktivität

Sowohl Riccardo Colombo als auch Eva von ­Aster betonen, dass Hypnose nichts Mystisches, Esoterisches oder Manipulatives ist. Im Gegenteil, hypnotische Techniken werden mit wissenschaftlichen Methoden erforscht. Die modernen bildgebenden Verfahren haben dabei zu ­erheblichen Fortschritten geführt. So konnten Veränderungen der Hirnaktivität während einer Trance gezeigt werden, vor allem in den Bereichen des Gehirns, die mit dem Arbeitsgedächtnis zusammenhängen. Das stimmt mit der Erfahrung überein, dass der Mensch in Trance stärker fokussieren kann.

Die meisten Patienten seien neugierig, wenn die Dentalhypnose zur Sprache kommt, erzählt Riccardo Colombo. Manche werden auch von ihrem Zahnarzt an den Hypnosespezialisten verwiesen. Häufige Indikationen für eine Hypnosebehandlung sind Spritzenangst, Myoarthropathien oder Bruxismus. Etwas seltener sind Zahnbehandlungsphobien oder Personen mit starkem Würgereiz, vereinzelt werden auch Parästhesien oder chronischer Gesichtsschmerz behandelt. Die Mitglieder der SMSHdent wenden Hypnose nur zum Zweck einer zahnmedizinischen Behandlung an. Dies schreibt der ethische Kodex der International Society of Hypnosis (ISH) vor, an den sich auch die Schweizer Fachgesellschaft hält.

Starre Konzepte anpassen

Riccardo Colombo und Eva von Aster haben beide die Ausbildung für zahnmedizinische Hypnose der SMSH absolviert. Sie sei kurz nach dem Zahnmedizinstudium und eher zufällig zur Hypnose gekommen, erzählt von Aster: «Im Schulzahnärztlichen Dienst habe ich die Erfahrung gemacht, dass die im Studium gelernte Technik – tell, show, do – nicht immer funktioniert, manchmal braucht es einfach mehr, um eine für die zahnärztliche Behandlung ausreichende ­Kooperation aufzubauen. In einer Zusatzausbildung für Kinderzahnmedizin in Wien und Berlin erfuhr ich, wie nützlich die Hypnose im Praxisalltag sein kann.» Riccardo Colombos Interesse wurde durch einen Kurs für Selbsthypnose ­geweckt, den er als junger Zahnarzt ­besuchte. «Eines führte zum andern, ich habe weitere Kurse besucht und verschiedene Strömungen ausprobiert. Nicht jede habe ich weiterverfolgt, aber ich nutze alles, was meinen Patienten in der Praxis hilft. »

Prinzipiell könne jede Zahnärztin und ­jeder Zahnarzt mit Hypnose arbeiten. ­Voraussetzung sei eine gewisse Flexibilität, so Eva von Aster: «Man muss sich ­individuell auf jeden Patienten einlassen können und starre Konzepte auch mal anpassen. » Viele weitere Fähigkeiten – zum Beispiel das Bewusstsein für die ­Wirkung von Kommunikation oder eine gute Selbstbeobachtung – lassen sich in Kursen und Weiterbildungen zum ­Thema Hypnose lernen. Wichtig ist dabei, dass der Anbieter, so wie die SMSH, eine wissenschaftlich fundierte medizi­nische Hypnose unterrichtet und sich zu ethischen Prinzipien bekennt. «Eine Schnellbleiche in Hypnose gibt es nicht», sagt Riccardo Colombo. «Es braucht Zeit, man wächst in diese Art der Patientenkommunikation hinein, lernt Neues dazu, und irgendwann funktioniert es fast wie von allein.»

Schweizerische Ärztegesellschaft für Hypnose

Seit 2015 sind die Schweizerische Ärztegesellschaft für Hypnose (SMSH) und ihre zahnmedizinische Fachgruppe SMSHdent von der SSO als Fachgesellschaft anerkannt. Die SMSHdent hat rund 90 Mitglieder, von denen 22 ein Zertifikat in medizinischer Hypnose erworben haben. Zur Erlangung dieses Zertifikats sind 280 Aus- und Weiterbildungsstunden obligatorisch. Die Absolventinnen und Absolventen werden von Zahnmedizinerinnen und -medizinern begleitet. Neben dem vollen Lehrgang bietet die SMSH auch kürzere Tageskurse an, die allen Interessierten einen ersten Einblick in die medizinische Hypnose ermöglichen.

Wir sind Mitglied der SMSH: www.smsh.ch

Quelle: https://www.swissdentaljournal.org/magazin/artikel/zahnmedizinische-hypnose-damit-patienten-sich-wohlfuehlen.html

Jeder dritte Patient bucht Arzttermine online – wir bieten das auch an!

Auch wenn es um Deutschland geht: ein Drittel der Deutschen vereinbart ihren Arzttermin im Internet. Und ein Fünftel sucht die Arztpraxis gezielt danach aus, ob sie diese Termine auch online vergibt. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Digitalverbandes Bitkom.

Ein Drittel der Deutschen (33 Prozent) vereinbart Arzttermine per Internet. Ein weiteres Drittel (34 Prozent) hat dies bislang noch nicht getan, könnte es sich aber vorstellen. Das ergab eine repräsentative telefonische Befragung des Digitalverbandes Bitkom bei 1.144 Menschen in Deutschland ab 16 Jahren.

Der Befragung zufolge haben 26 Prozent der Deutschen schon einmal über die Homepage einer Arztpraxis oder medizinischen Einrichtung per Online-Formular oder E-Mail einen Termin vereinbart. 21 Prozent haben dafür auch schon eine Termin-Plattform wie Doctolib, jameda, CGMLife oder andere genutzt – ein Anteil von 15 Prozent nutzteschon einmal beide Wege, berichtet Bitkom.

Insgesamt 61 Prozent der Befragten stimmten demnach der Aussage zu, alle Arztpraxen und medizinische Einrichtungen sollten eine Online-Terminvereinbarung anbieten. 22 Prozent suchen Praxen gezielt danach aus, ob sie eine Online-Terminvereinbarung anbieten, heißt es weiter. 31 Prozent hatten bisher noch nie Arzttermine online vereinbart und würden dies auch künftig für sich ausschließen.

ONLINE-ANGEBOTE VERBESSERN DEN SERVICE IM GESUNDHEITSWESEN

Für den Verband steht fest, dass digitale Angebote nicht nur die Gesundheitsversorgung verbessern würden, sondern auch den Service. Malte Fritsche, Experte für E-Health beim Bitkom: „Viele Plattformen bieten den Patientinnen und Patienten mittlerweile zahlreiche zusätzliche Möglichkeiten: Von der einfachen Verschiebung und Stornierung von Terminen, bis zum Online-Ausfüllen von Anamnesebögen oder dem Download von Untersuchungsergebnissen oder Belegen nach dem Arztbesuch.“