Schadet Süßstoff dem Herz-Kreislauf?

Also doch ungesund

Der regelmäßige Konsum von Süßstoffen, insbesondere Aspartam, Acesulfam-K und Sucralose, tut der Gesundheit nichts Gutes, sondern erhöht signifikant das Risiko kardiovaskulärer und zerebrovaskulärer Erkrankungen, wie eine prospektive Studie zeigt.

Hintergrund

Die WHO empfiehlt, dass weniger als 5% der täglichen Energiezufuhr aus freiem Zucker stammen sollte, da die schädlichen Auswirkungen von zugesetztem Zucker für das Auftreten von chronischen Erkrankungen längst nachgewiesen sind. Als Alternative zu Zucker werden künstliche Süßstoffe eingesetzt, die einen süßen Geschmack vermitteln ohne den Kaloriengehalt zu erhöhen. Inzwischen werden in mehr als 23.000 Produkten weltweit künstliche Süßstoffe zugesetzt.

Experimentelle Studien weisen auf einen negativen Effekt von Süßstoffen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin und die Sicherheit des Einsatzes von Süßstoff ist umstritten. Auch Gesundheitsorganisationen sehen den Konsum von Süßstoffen als kritisch an. Jedoch ist die Datenlage aus Humanstudien zu diesem Thema begrenzt, und frühere Beobachtungsstudien konzentrierten sich ausschließlich auf künstlich gesüßte Getränke.

Zielsetzung

Die populationsbasierte, prospektive Kohortenstudie untersucht den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Süßstoffen aus Nahrungsquellen wie Getränken, Tafelsüßstoffe, Milchprodukten, etc. und dem Risiko des Auftretens von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für koronare Herzkrankheiten (KHK) und zerebrovaskuläre Erkrankungen.

Methodik

Die französische prospektive NutriNet-Santé Kohorte sammelt seit 2009 Daten mit anhaltender Rekrutierung von erwachsenen Probanden (> 18 Jahre). Die Probanden benötigen einen Internetzugang und werden aus der Allgemeinbevölkerung rekrutiert. Unmittelbar nach Studieneinschluss muss der Proband fünf Fragebögen über seine Ernährung (24-Stunden-Ernährungsprotokoll an drei verschiedenen Tagen mit Angabe der Produktnamen), seine Gesundheit (persönliche und familiäre Anamnese, aktuelle Medikation, etc.) sowie über anthropometrische Daten (Größe, Gewicht), Lebensstil, soziodemografische Daten und körperlicher Aktivität ausfüllen.

Das Hauptziel besteht darin, die Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit zu untersuchen. In der aktuellen Analyse wurde untersucht, ob es eine Assoziation zwischen dem Süßstoff-Konsum und dem Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen gibt.

Ergebnisse

Die Analyse umfasst Daten von 103.388 Probanden und insgesamt 904.206 Personenjahren. Das mittlere Alter der Probanden lag bei 42,2 ± 14,4 Jahren und 79,8% waren weiblich. Der Nachbeobachtungszeitraum lag im Median bei 9,0 Jahren (Interquartilsabstand: 7,5-10,1 Jahre). In diesem Zeitraum wurden insgesamt 1.502 kardiovaskuläre Ereignisse berichtet, darunter 730 KHK (143, Myokardinfarkte, 75 akutes Koronarsyndrom, 477 Angioplastien und 277 Angina pectoris-Ereignisse) und 777 zerebrovaskuläre Ereignisse (203 Schlaganfälle, 898 transitorische ischämische Attacken).

Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Süßstoff-Konsum

Der Konsum von Süßstoff, unabhängig von dessen Art, war mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen assoziiert (Hazard Ratio (HR): 1,09; 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,01-1,118, p=0,03). Die absolute Inzidenzrate bei hohem Süßstoff-Konsum (über dem geschlechtsspezifischen Median) vs. Nicht-Konsumenten lag bei 346 vs. 314 pro 100.000 Personenjahre.

Das Risiko für KHK war auch signifikant erhöht für den Konsum von Acesulfam-Kalium (HR: 1,40, 95%-KI: 1,06 bis 1,84, p=0,02) mit einer Inzidenzrate von 167 vs. 164 pro 100.000 Personenjahren und für Sucralose (HR: 1,31, 95%-KI: 1,00 bis 1,71, p=0,05) mit einer Inzidenzrate von 271 vs. 161 pro 100.000 Personenjahren.

Risiko von zerebrovaskulären Erkrankungen bei Süßstoff-Konsum

Die Aufnahme von Süßstoff war ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für zerebrovaskuläre Erkrankungen verbunden (HR: 1,18; 95%-KI: 1,06 bis 1,31, p=0,002). Die Inzidenrate lag bei 195 vs. 150 pro 100.000 Personenjahre bei hohem vs. Nicht-Konsum.

Ein erhöhtes Risiko zeigt sich auch bei Analyse des Aspartam-Konsums (HR: 1,17, 95%-KI: 1,03 bis 1,33, p=0,02) mit einer Inzidenzrate von 186 vs. 151 pro 100.000 Personenjahren.

Fazit

Der Gesamtkonsum von Süßstoffen ist mit einem signifikant erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie für zerebrovaskuläre Erkrankungen assoziiert. Der alleinige Konsum von Aspartam erhöht das zerebrovaskuläre Risiko, während Acesulfam-Kalium und Sucralose das Risiko für KHK signifikant erhöht. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Substitution von Zucker durch Süßstoffe keinen Nutzen für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat. Dieser Ansicht sind auch verschiedene Gesundheitsbehörden.

Quellen:

Autor:

Dr. Anja von Au (Medizinjournalistin)

Stand:

26.09.2022

Quelle:

Debras C. et al. (2022): Artificial sweeteners and risk of cardiovascular diseases: results from the prospective NutriNet-Santé cohort. BMJ. DOI: 10.1136/bmj-2022-071204