E-Zigaretten
Wer an den Geschmack von Mango Pfirsich denkt, der denkt vielleicht an Sommer oder an einen Fruchtsalat, auf jeden Fall eher an etwas Gesundes. Dieser Geschmack taucht aber auch in tendenziell ungesunden Produkten auf, zum Beispiel in sogenannten Puff Bars. Das sind kleine E-Zigaretten, die nur einmal benutzt werden können. Beim Rauchen wird die nikotinhaltige Flüssigkeit in den E-Zigaretten erhitzt, was Aerosole erzeugt. Dieser Dampf wird dann inhaliert. Sobald der Dampf aufgebraucht ist, können die Geräte nicht mehr aufgefüllt werden, es sind Einwegprodukte. Solche Puff Bars sind ein neues Phänomen: 2020 erschienen sie auf dem Markt. Mit ihrem poppigen Auftreten sprechen sie gezielt Jugendliche an.
Klein, unauffälligund stark nikotinhaltig
Die E Zigaretten, die ähnlich aussehen wie ein schlanker USB-Stick, sind denn auch bei Jugendlichen beliebt. «Wir sehen Puff Bars in Schulen, in Klassen», sagt Luciano Ruggia. Der Public-Health-Experte ist Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz. «Vor zwei Wochen war ich in Lausanne in der Bahn und zwei etwa Zwölfjährige standen neben mir», erzählt er. «Der eine zog eine Puff Bar aus der Tasche und sagte zum anderen: ‚Schau mal, der hier hat einen anderen Geschmack als der gestern.‘ Daraufhin nahmen sie einen Zug. In der Bahn ist das niemandem aufgefallen.» Diese Anekdote verdeutlicht: Die Einweg-E-Zigaretten fallen nicht auf. «Das Lehrpersonal oder Eltern merken oft nicht, dass die Jugendlichen da etwas rauchen», sagt Ruggia. Das grosse Problem bei solchen EZigaretten mit fruchtigen Aromen ist, dass ihr Suchtpotential sehr gross ist. Denn: Über sie kann in sehr kurzer Zeit sehr viel Nikotin aufgenommen werden. Gewisse Modelle enthalten so viel Nikotin wie 300 bis 400 Zigaretten. Und: Da es sich um Dampf statt Rauch handelt, können Puff Bars hyperventilierend konsumiert werden. In sogenannten «Puff Bar Challenges» auf den sozialen Medien nehmen Jugendliche so viele Züge am Stück wie möglich – manchmal bis zur Ohnmacht. Diese Art des Konsumierens ist zwar wohl eher die Ausnahme. Sie zeigt jedoch, dass E-Zigaretten eine andere Frequenz der Nikotinaufnahme erlauben.
Von E-Zigaretten zu Zigaretten
Doch, sind E-Zigaretten nicht immer noch besser als Tabak-Zigaretten? «EZigaretten sind tatsächlich besser – also weniger gesundheitsschädlich – als Zigaretten, aber besser heisst nicht gut, sagt Luciano Ruggia. Nikotin führt nicht zu Lungenkrebs, wie andere Substanzen, die im Rauch einer Zigarette enthalten sind. Aber: «Nikotin macht süchtig und hat Einfluss auf die neurologischen Funktionen, vor allem bei Jugendlichen, bei denen das Gehirn noch im Aufbau ist. Es kann zum Beispiel der Konzentration schaden», sagt Ruggia. Weniger schädlich sei eine E-Zigarette, wenn ein erwachsener Raucher dadurch das Tabakrauchen aufgibt. Für Jugendliche aber bergen E-Zigaretten das Risiko der Abhängigkeit und den Umstieg auf Zigaretten. Denn: viele Kinder und Jugendliche realisieren die Risiken von E-Zigaretten nicht.
Anstieg der Nikotinsucht befürchtet
Da es sich zudem um sehr neue Produkte handelt, ist der Markt nur wenig kontrolliert. Die meisten E-Zigaretten kommen aus China, die genauen Inhaltstoffe sind nicht klar. Online und \ in hiesigen Läden sind Produkte wie die Puff Bars billig und einfach zu erstehen, auch für Minderjährige. Ein Verkaufsverbot an Minderjährige tritt in der Schweiz erst ab Mitte 2023 in Kraft. Nur wenige Kantone, vor allem in der Westschweiz, haben bereits ein kantonales Verbot verhängt. «Die Schweiz hatte bis jetzt kein Bundesgesetz für Verbot von Verkauf an Minderjährige», betont Ruggia. Im Kanton Appenzell lnnerhoden könne deshalb heute ein Achtjähriger Zigaretten kaufen, da dort sogar ein Jugendschutz für Tabakprodukte fehle. NR 156 / HERBST 2022 Zahlen dazu, wie viele Jugendliche Puff Bars konsumieren, gibt es noch nicht. Auch die Forschung bezüglich Gesundheitsrisiken ist noch nicht sehr weit. Public-Health-Experten wie Luciano Ruggia aber befürchten, dass die Nikotinabhängigkeit in der Schweiz in den kommenden Jahren steigen wird. Bezüglich Tabak, steche die Schweiz im europäischen Vergleich schon heute eher negativ hervor: 27 Prozent der Erwachsenen rauchen hier. Dass die Vielfalt an nikotinhaltigen Produkten stetig steigt, so befürchten die Experten, wird der Nikotinsucht weiter Vorschub leisten.